Bremen. Basketball erfreut sich in Deutschland zunehmender Beliebtheit – und das nicht erst seit dem jüngsten WM-Triumph der deutschen Nationalmannschaft in der philippinischen Hauptstadt Manila. Zu dem Ergebnis kommt eine Umfrage der Teamorganisationsplattform Spielerplus von Sportplatz Media und der Voting-App Fanq unter mehr als 10.000 Amateuren und Amateurinnen. 45 Prozent der Befragten gaben im April 2023 an, dass es in ihrem Verein in den vergangenen zwei Jahren einen Mitgliederzuwachs bei den Basketballern gegeben habe. Nicht einmal jeder Vierte stellte eine abnehmende Breite der Abteilung fest.
Auch in Bremen zeichnet sich diese Entwicklung seit Längerem ab – insbesondere im Kinder- und Jugendbereich. 1837 Mitglieder verzeichnete der Landessportbund (LSB) Anfang dieses Jahres im Fachverband Basketball. Am 1. Januar 2013 zählte die Dachorganisation aller Bremer Sportvereine noch 1559. Das entspricht einem Zuwachs von 17,83 Prozent. Den stärksten Anstieg (61,47 Prozent) gab es bei Kindern zwischen sieben und 14 Jahren. Keine andere ballbasierte Teamsportart konnte sich in Bremen über derartigen Zuwachs freuen. Dass die jungen Personen sich für den Basketball entscheiden, liegt dabei oft an Familienmitgliedern, den Mannschaften und den häufigen Erfolgserlebnissen.
„Jede Minute werden Körbe geworfen“, sagt Nicole Gerhard. Das mache Basketball aufregender als Fußball, bei dem alle halbe Stunde mal ein Tor falle. Die 14-Jährige spielt in der U 16-Mannschaft von Bremen 1860 meist als Small Forward (Flügelspielerin) oder als Point Guard (Aufbauspielerin). Den Weg zum Basketball findet sie vor mehr als zwei Jahren über ihren jüngeren Bruder Max. „Ich habe bei einem seiner Spiele zugeschaut und Lust gekriegt“, sagt Nicole Gerhard. Kurz darauf, so erzählt die 1860-Spielerin, habe sie das Turnen, das eigentlich nie ihr Ding gewesen sei, aufgegeben und mit dem Teamsport Basketball begonnen.
Auch ihr Bruder Max Gerhard mag den Mannschaftsgedanken: „Man spielt nicht alleine wie beim Tennis“, sagt der Zwölfjährige. Es gehe ihm darum, mit dem Team etwas zu erreichen. Außerdem vertreibe Basketball die schlechte Laune, die er manchmal nach der Schule habe, wenn er auf dem Platz eine Lücke im gegnerischen Team finde und einen Treffer erziele, schildert er. Max spielt wie seine Schwester Nicole bei Bremen 1860. Neben den emotionalen Gründen nennt der Zwölfjährige noch einen pragmatischen Grund, weshalb er mit der orangen Kugel spielt: „Ich bin begabter mit den Händen als mit den Füßen.“
Die Basketballsparte von Bremen 1860 wächst seit Jahren. „Status quo bei den Mitgliedern ist: Wir sind auf einem Allzeithoch. Getrieben besonders durch Kinder und Jugendliche“, betont Abteilungsleiter Niklas Dettlof (32). Zählte die Sparte des Vereins 2014 noch 274 Mitglieder, seien es momentan 350. „Ich kriege täglich neue Anfragen unabhängig von Geschlecht und Alter“, sagt der ehemalige Guard. Seiner Ansicht nach spielen die sozialen Medien eine Rolle in der wachsenden Popularität des Basketballs: „Die NBA ist da sehr präsent. Basketball ist für kurze Videos einfach sexy.“
Bennett Yüksek (10) etwa schaut sich gerne auf Youtube Höhepunkte der NBA-Spiele und Interviews mit den dortigen Stars an. Sein Idol: Giannis Antetokounmpo von den Milwaukee Bucks. Yüksek spielt in der Jugend der Eisbären Bremerhaven als Small Forward. Zum Basketball kommt er über seinen älteren Bruder, mit dem er sich am Korb im eigenen Garten duelliert: „Er ist älter, größer und ein bisschen schwerer“, schildert der Zehnjährige und lacht. Früher habe Yüksek Karate gemacht und kurz Fußball gespielt, aber Basketball habe ihm am besten gefallen. „Wenn ich jetzt einen Ball sehe, will ich den haben und werfen“, sagt er.
Sealja Behnke (10) gehört zur Fraktion Korbleger. Davon schaue sie sich auch gerne Videos an, sagt sie. Derzeit übe sie den Reverse-Korbleger. Es sei aber nicht so leicht, zwei Schritte unterm Korb herzulaufen und dann den Ball über den Kopf nach hinten zu versenken, erklärt Behnke. Sie spielt seit vier Jahren Basketball bei den Eisbären Bremerhaven, wie zuvor auch ihr Onkel und ihre Tante. Eine feste Position habe sie nicht, sagt die Zehnjährige. Beim Basketball freue sie sich besonders auf ihre Freunde. Anders als bei den Sportarten, die sie davor gemacht habe – Karate und Kung Fu –, stehe man dort als Team auf dem Court.
Auch die Eisbären Bremerhaven können den Trend im Kinder- und Jugendbereich bestätigen. „Heute haben wir 592 aktiv spielende Kinder und Jugendliche. Damit sind wir der mit Abstand größte Nachwuchs-Basketballverein in Bremen und Niedersachsen vor Bundesligisten wie Oldenburg, Göttingen oder Vechta“, sagt Vanessa Wrieden, Pressesprecherin der Eisbären. Sie schätzt, dass es bis zum Ende der Saison um die 800 junge Mitglieder sein könnten. Der Breitensport-Unterbau der Profis wurde 2015 gegründet. „Heute gibt es bereits 56 Mannschaften im Spielbetrieb – Tendenz steigend“, sagt Wrieden. Um den Kinder- und Jugendbereich zu stärken, bauten die Eisbären auf strategische Partnerschaften mit Schulen, auf ein aktives regionales Fördernetzwerk von Unternehmen und auf Nachwuchstrainer.
Um Kinder- und Jugendmannschaften zu füllen, bedarf es der Nachwuchsgewinnung. Laut Alessandro Verga, Abteilungsleiter Basketball bei der BTS Neustadt, gestaltet sich das bei Kindern einfacher. „Jugendliche ab 14 Jahren sind schwieriger abzuholen, auch wegen der Digitalisierung. Sie bewegen sich viel auf ihrem Smartphone im Internet“, sagt der ehemalige Basketballprofi. Verga sieht Basketball in Deutschland nicht als Randsportart. „Sie wächst und wächst und wächst. Das zeigt nicht nur der WM-Titel. In den vergangenen Jahren sind immer mehr deutsche Basketballer in die NBA und an die Colleges gewechselt.“
DBB-Kapitän Dennis Schröder oder Forward (Angreifer) Franz Wagner sind solche Talente, die den Schritt in die stärkste Basketballliga der Welt geschafft haben. „Seit der WM mag ich die beiden ganz gerne“, sagt Jari Mosch. Der Elfjährige spielt in der U 12 der BTS Neustadt. „Ich habe lange Leichtathletik gemacht und war im Weitsprung ganz gut. Aber ich wollte etwas Neues probieren“, sagt Mosch. Seine Mutter habe ihm schließlich Basketball vorgeschlagen. Für einige Zeit macht er mehrere Sportarten parallel: „Ich habe Leichtathletik, Basketball und Fußball gemacht. Erst habe ich Leichtathletik aufgegeben, dann Fußball“, schildert der Elfjährige. Er schätze an Basketball die Schnelligkeit. „Außerdem gefällt mir die Kombination aus Dribbeln und Werfen.“
Die zunehmende Breite des Sports sorgt wie einst im Fußball für eine höhere Qualität der Spieler in den Mannschaften. „Mehr Wettkampf, mehr Spielbetrieb, mehr Leidenschaft“, sagt Niklas Dettlof. Außerdem engagierten sich die Vereine dadurch stärker. Der Basketball-Abteilungsleiter von Bremen 1860 sieht eine Chance, den Zulauf und die Qualität nachhaltig zu wahren: „Alles steht und fällt mit den Strukturen, die geschaffen werden. Sowohl seitens der Vereine als auch der politischen Entscheidungsträger. Dazu gehören mehr hauptamtliche Stellen, mehr Förderungen, mehr Präsenz in den Schulen.“
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